att theaterproduktion
 
Angela Richter: Der ÖDIPUS ANTIGONE KOMPLEX
Ein Theaterprojekt nach Jon Fosses Tod in Theben

Deutschsprachige Erstaufführung in der Regie von Angela Richter
In einem Bühnenraum von Katrin Brack

 
 
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Foto: Arno Declair
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·    Regie: Angela Richter
·    Dramaturgie: Jens Diertrich
·    Bühne: Katrin Brack
·    Kostüme: Steffi Bruhn
·    Musik: Dirk von Lowtzow/ Tocotronic 
·    Video: Philipp Haupt
·    Licht: Carsten Sander
·    Strickobjekte: Brigitta Pöcksteiner
·    Schauspieler: Yuri Englert, Sarah Franke,
   Dietrich Kuhlbrodt, Eva Löbau, Ingolf Müller-Beck,
   Oana Solomon, Christoph Theußl

·    Produktionsleitung: Andrea Tietz – att
·    Uraufführung: Mi, 11.08.2010, Salzburger Festspiele/
   young directors project

·    Weitere Aufführungen: 12.08- 14.08. Republic, Salzburg
·    Premiere Hamburg: 16.12, Kampnagel Hamburg
·    Weitere Vorstellungen: Do. 17.12- So. 19.12.2010

Eine Koproduktion der Salzburger Festspiele, dem Centraltheater Leipzig, Kampnagel Hamburg, dem Hebbel am Ufer (HAU).

Im Sommer 2010 zeigte Angela Richter bei den Salzburger Festspielen die Erstaufführung von Tod in Theben. Einige Monate und Erfahrungen später kam das Stück in einer völlig neuen Fassung auf die Kampnagel-Bühne.

Dabei stimmten am Anfang in Salzburg alle Zutaten: Der norwegische Starautor Jon Fosse hatte die spektakuläre Geschichte packend verdichtet. Ödipus, der verstoßene Sohn, ermordet unwissend den Vater, heiratet seine Mutter, und als alles ans Licht kommt, sticht er sich die Augen aus. Seine Söhne töten sich gegenseitig im Krieg um die Nachfolge, und weil Ödipus’ Tochter Antigone verbotenerweise einen der Brüder beerdigen will, wird sie von ihrem Onkel zum Tode verurteilt. Es gab ein hinreißendes Bühnenbild von Katrin Brack, die Musik produzierte Dirk von Lowtzow. Die Presse stand Schlange, um vor der Premiere noch die letzten raren Interviewtermine zu ergattern. Die Vorstellungen waren ausverkauft, das Publikum gespannt.

Doch wenn das Schicksal sich in den Kopf gesetzt hat, dass etwas untergehen soll, kann man strampeln wie man will, nichts hilft. Besonders, wenn man selbst Schuld an allem hat. Ödipus und Antigone ergeht es schließlich auch nicht besser: Mit offenen Augen oder unwissend, alle zelebrieren die große Katastrophe.

Der ÖDIPUS ANTIGONE KOMPLEX rollte in Hamburg die Geschichte der bekanntesten Inzestfamilie der Welt auf, verband die antike Tragödie mit den Dramen der Produktionsgeschichte, die Biographien der Beteiligten mit dem Schicksal der Figuren, rücksichtslos, und identifizierte sich in selbstfiktionalisierender Weise mit dem Mythos.

Pressestimmen:

Als dritter Beitrag zum Young Directors Project bei den Salzburger Festspielen im Republic wird die gesamte Theben-Triologie von Sophokles in zweieinhalb hochpolitischen, packenden Stunden abgehandelt.

Angela Richter leugnet die Herkunft des Dramas nicht: Kostümbildnerin Steffi Bruhn kombiniert Gegenwartskleidung mit wallenden weißen Gewändern; die gestrickten Masken von Brigitta Pöcksteiner verdeutlichen, dass jede Figur ein Prinzip verkörpert (…) Yuri Englert ist als Ödipus vor allem fassungslos, Ingolf Müller- Beck als Kreon schon von Beginn an subtil zwielichtig. Eva Löbau imponiert als unerschrockene Antigone- und Christoph Theußl, hörbar ein Österreicher, ist als Einmannchor ein wunderbarer Kommentator.

DER STANDARD, 12.08.2010

Erst ganz zum Schluss gewinnt die Aufführung so etwas wie Magie. Da verwandelt sich die ungehorsame Antigone der Eva Löbau, die in der ganzen Aufführung als Einzige eine ansprechende darstellerische Präsenz zeigt, in den Seher Teiresias, der in einer verzweifelten Umklammerung mit Kreon ringt, einer durch Masken bis zur Unkenntlichkeit verhüllten Gestalt, hinter der sich Ingolf Müller- Beck verbirgt. Von hier aus müsste man die Aufführung quasi im Rückwärtsgang neu aufrollen, um eine überzeugende szenische Griffigkeit und theatralische Plastizität zu gewinnen. So hinterlässt die Aufführung über weite Strecken einen eher zwiespältigen Eindruck.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.08.2010

Der Norwegische Star- Autor Jon Fosse gilt unter den Dramatikern als Großmeister des Schweigens und der Einsilbigkeit, an deren Rändern sich die Krater des täglichen Abgrunds auftun.

Salzburg Krone, 13.08.2010

Am eindrucksvollsten gerät der kurze „Ödipus aus Kolonos“- Abschnitt: Die Lichter sind beinah bis zum Verlöschen herab gedimmt, die Musik von Dirk von Lowtzows Klänge erzeugt eine sanft unheimliche Stimmung. Eine Hörspielreise in die Ewigkeit der Milchstraße und des Mythos. Da böte sich die Chance für magische Momente. Doch die Darsteller sprechen nicht auf erforderlichem Niveau, und in der Finsternis ereignen sich manchmal Wortkollisionen.

Die Welt, 13.08.2010

Bedrohlich pulsiert das Licht wie ein Herzmuskel, tausend Sonnen, die um sich selber kreisen. Und der Chorsprecher trommelt mit den Fingern den Herzschlag ins Mikro. Katrin Bracks Licht- Installation, deren Kabelschnüre die Bühne zerteilen wie die Drähte eines Eierschneiders, ist eine willkürliche Setzung, muss aber bespielt werden.

Erst im letzten Teil nachdem Ödipus rehabilitiert ist entfaltet der gerade in seiner Kurzatmigkeit langatmige Abend Wucht- vor allem durch das Zusammenspiel von Ingolf Müller- Beck als gernegroßer Kreon und Eva Löbaus Antigone, die das Gebot der Götter, ihren toten Bruder zu bestatten, gegen das Gesetz des Tyrannen verteidigt.

Süddeutsche Zeitung, 13.08.2010

Mit dem Ende, das durchaus noch einmal modifiziert werden könnte, hat die Aufführung ein drittes Tempo bekommen, das ihr guttat.

Salzburger Volkszeitung, 14.08.2010

Der erste Teil des Abends ist dicht, im zweiten zerfasert die Aufführung, der dritte ist Improvisationstheater(…) mit den üblichen Aktualisierungen. Die Mimen erzählen von ihren Erlebnissen mit Orakeln, Kinderwunsch, unerwarteten Verführungen sowie beinahe tödlicher Kollision mit einer Straßenbahn. „ Albern“ fand das in der Diskussion nach der Aufführung eine Besucherin, sie hätte lieber Fosses Text bis zuletzt gehört. Eine andere Dame lobte den spannenden Brückenschlag ins Heute.

Die Presse, 16.08.2010